Mörsingen

Zur Geschichte von Mörsingen

Impressum

Herausgeber: Vereinigung von Freunden der Geschichte Zwiefaltens, seines Münsters und Klosters e.V. (Geschichtsverein Zwiefalten)
Autorin: Elfriede Vöhringer, LIchtenstein (Alle Rechte vorbehalten)
Herstellung: Büro-Training, Münsterklinik Zwiefalten

Danksagung

Scholastika hiess die Schwester des Hl. Benedikt von Nuris. Die Mönche und Nonnen des Klosters Zwiefalten gehörten seinem Orden an.

In liebevoller und dankbarer Erinnerung widme ich die folgenden Seiten zur „Geschichte von Mörsingen“ meiner dort geborenen, unvergessenen Mutter SCHOLASTIKA (1906 – 1977)

Von Herzen habe ich auch allen zu danken, die mir mit Rat und Tat bei der Vorbereitung und Ausarbeitung zur Seite Standen:

  • Herrn Prof. Dr. Rainer Loose, Landesarchivdirektion Stuttgart,
  • Herrn Bürgermeister Hubertus-Jörg Riedlinger als Vorstand des Geschichtsvereins mit seinem allzeit hilfsbereiten und getreuen Team,
  • allen angesprochenen Mörsinger Bürgern für Ihre Bereitschaft zur Mitarbeit,
  • und allen mit der technischen Umsetzung Betrauten für Ihr Interesse und die Sorgfalt, mit der sie ihre Arbeit ausführten

Vorbemerkung

Aus welchen Gründen befasst sich jemand wohl mit der Geschichte von Mörsingen? Dieser liebenswerte, aber doch sehr kleine Ort ist vermutlich nicht der ergiebig, was die schriftlichen Zeugnisse und Quellen angeht, die seine Entwicklung spiegeln.

Erst wenn die Grpndung des Klosters Zwiefalten im Jahr 1089 auftaucht, die in gerinder Entfernung von Mörsingen stattfand, ist für Außenstehende die räumliche und zeitliche Einordnung Mörsingens möglich.

Zwiefalten und Mörsingen als Siedlung waren aber wesentlich fürder da als das Kloster. In dessen Annalen wird Zwiefalten als volkreicher Ort aufgeführt mit einer Leutekirche, damals im Besitz des Hauses Achalm. Beraten von Abt Wilhelm von Hirsau wählten die Stifter Liutold von Achalm und sein Bruder Kuno von Wilflingen den Ort für Ihre Klsotergründung am Zusammenfluss zweier Gewässer von der Aach- und Kasselbachquelle her. Als Grundherren konnten sie völlig frei über ihr Eigentum verfügen. Die bis dahin dorf ansässige Bevölkerung wurde umgesiedelt.

Liutold und Kuno statteten das Kloster reich mit Schenkungen und Rechten aus. Aderlige und andere Stifter taten es ihnen nach, um ihr Seelenheil besorgt. Fast alle Orte um Zwiefalten sind entweder aks Wohnsitze dieser Stifter oder durch von dort stammende Schenkungsgüter dokumentiert, viele gerieten im Laufe der Zeit in klösterlichen Besitz.

Nicht so Mörsingen, denn in den Chroniken der Mönche Ortlieb und Berthold tauch der Name Mörsingen überhaupt nicht auf. Das ist auffallend, denn Mörsingen hätte ideal gelegen für den Tausch oder Verkauf von Streubesitz, worauf das Kloster zur Arrondierung seiner Güter von Anfang an bedacht war. Erst gegen Ende des 13. Jahrhunderts gelangte es in den Besitz des Klosters.

Diese Nichtnennung ist eine Untersuchung wert. Denn jeder kleinste Ort hat seine Geschichte, eingebettet in größere ZUsammenhänge, die Rückschlüsse auf seine spezielle Entwcklung erlauben.

Mörsingen persönlich verbunden bin ich durch Familienbande und unvergessliche Kindheitserinnerungen in den Schulferien. Die Klosterorte Ochsenhausen, Zwiefalten und Weingarten waren für mich prägende Eindrücke. So ist die Erhellung der mütterlichen Heimat Mörsingen auch eine kleine Suche nach meinen eigenen Wurzeln.

Der Orstname MÖRSINGEN und was er aussagt

„Uns ist in alten maeren wunders viel gesait,
von helden lobebaeren, von grozer arebeit …“

So beginnt die Mär vom verschollenen Nibelungenschatz, von kühnen Recken, Treue und Verrat, Weinen und KLagen, von Siegfrieds Tod und Kriemhilds Rache – kurz, so beginnt das bekannte Nibelungenlied. Er verarbeitet unterschiedliche Erzählmotive aus der Zeit der germanischen Völkerwanderung, wurde aber erst um etwa 1200 aufegschrieben.

Als „Mär“ wurde in der Überlieferung mündlich, und später schriftlich, wiedergegeben, was erzählenswert oder außerordentlich war, was von bekannten, berühmten oder auch berüchtigten Personen oder Taten handelte.

Im Wort Mär steckt der Wortstamm „mar/meri“, der „bekannt, angesehen, berühmt“ bedeutet und im Personennamen „Merigis“ in Verbindung mit dem Wortstamm „gis/gisel“ mit „die durch Ansehen/Tapferkeit berühmte Geisel“ übersetzt werden könnte.

Geiselnahmen wurden schon in fernsten Zeiten praktiziert, um erwünschtes Verahlten durch ein menschliches Faustpfand zu erzwingen, und je höher er soziale Stand, desto kostbarer war die Geisel und desto mehr Druck konnte erzeugt werden.

Merigis also war der NAme der alamannischen Anführers, dessen Sippenverband auf der Markung siedelte, auf der wir uns in Mörsingen befinden. Ob der Name Leitfunktion in der sippe hatte ider persönliche Taten betraf, ist nicht nachzuvollziehen.

Außenstehende sprachen vom Siedlungsplatz dieses Verbandes als „vom Platz bei den Leuten der Merigis“ oder kurz von „Merigisingen“.

Die Endung -ingen läßt erkennen, dass Merigisingen zur ältesten Schicht der alamannischen Ansiedlungen gehört, vermutlich aus der Zeit um oder vor 600.

Im Laufe der Jahrhunderte veränderte sich der Name:

904:merigisingen
1275:Mergesingen
13. Jahrhundert:Meregesigen
1461:Mersingen
1622:Mörsingen
1730:Mörßingen
1768:Mörsingen
bis heute

Schreibfehler und willkürliche Veränderungen durch übereifrige Kanzlisten und Schreiber sind nicht auszuschließen.

Mit Mörsingen sind in der nächsten Umgebung Gauingen, Geislingen, Grüningen und Hayingen.

Die MERIGIS-SIPPE siedelt an

Ein Sippenverband damals umfasste weit mehr als das, was wir heute im weitesten Sinne unter einer Familie verstehen. In allen Ausprägungen gehörten Bluts- und durch Heirat anverwandte sowie alle Angehörigen der Haus- und Hofgemeinschaft dazu. Pflichten und Rechte aller waren durch Notwendigkeit und Herkommen vorgegeben, ihre Einhaltung durch das Oberhaupt garantiert. Aufgaben, die heute Gemeinde, Land oder Staat übernehmen, regelte die Sippengemeinschaft intern. VOn allen anerkannten, standen dem Anführer Entscheidungsgewalt und auch rechtliche Befugnisse zu.

In lockeren Verband schlossen sich in der Folge Siedlungen zu einem „Gau“ zusammen, der nach einer Person oder einer ihn bezeichnenden Besonderheit benannt wurde. Merigisingen gehörte mit Andelfingen, Altheim, Pflummern, Grünungen, Daugendorf, Zwiefalten und Hayingen zum Appha- oder Affagau, was der „wasserreiche“ Gau bedeutet.

Nachdem die Vielzahl dieser Siedlungen südlich der Alb leigt, könnte sich im Ansatz hier schon ein Hinweis finden lassen, dass sich in den Gauen neue, kleinräumigere ZUordnungen bildeten. Mörsingen könnte, so wie es heute die südlichste Gemeinde des Kreises Reutlingen ist, sich schon sehr früh in Richtung Süden und Donau orientiert haben.

Die schwere Gründungsarbeit, die dichten umgebenden Waldgebiete, das fehlende Wegenetz und die Anpassung an die neuen Anforderungen: dies alles machte die Siedelplätze für die Sippen zu abgeschlossenen Inseln, auf denen sie aks Schicksalsgemeinschaft auf Gedeih und Verdern aufeinander angewiesen waren. Von ihrem Zusammenhalt, ihrem Arbeitswillen, ihrer Kraft, Ausdauer und Geschicklichkeit hing das Überleben ab in einer Zeit, da die bäuerliche Wirtschaft alle lebensnotwendigen Güter selbst erbringen musste. Den Klimaschwankungen, Krankheiten, Viehseuchen, Hungersnöten, und schlimmer noch, den feindlichen Überfällen wie in der Hunnenzeit des 5. Jahrhunderts waren sie ohnehin oft hilflos ausgeliefert. Auch die Pest tauchte schon um das Jahr 600 in Europa auf.

Woher kamen die Alamannen?

Zur Zeit der ersten Ansiedlungen konnten sich die Sippen ziemlich freizügig Land und Boden aussuchen. Die Römer, die zuvor dieses Gebiet besetzt und besiedelt hatten, hatten unter dem Druck der anstürmenden Germanenstämme ihre Grenzen zurück verlegt bis zum Rhein, Bodensee, zur Iller und östlich von Ulm bis zur Donau. Die Merigis-Sippe wusste, wonach sie suchte. Über zweieinhalb Jahrhunderte hatte ihr Stamm sich mit anderen auf die Suche nach fruchtbarem Ackerboden und besserem Klima in verschiedenen Schüben nach Südwesten aufgemacht. Das Land, aus dem sie aufgebrochen waren, hieß Elbgermanien. Das nahe Binnenmeer, die heutige Ostsee, hieß nach ihrem Stamm „mare suebicum“ oder „schwäbsiches Meer“, als das wir heute den Bodensee bezeichnen.

Unter dem Druck anbrandender Völker aus dem Osten, die selbst vertrieben worder waren, machten sich die „alle Mannen“ mit ihren Sippen und der beweglichen Habe, vor allem dem Vieh, auf den langen Weg.

Wenn man den römischen Geschichtsschreiben glauben will, handelte es sich um einen „vermischen Haufen“; nach Caesar, der schon 58 v.Chr. mit Sueben zusammenstieß, ein „sehr kriegerischer Stamm“, und Tacitus lobte sie wegen ihrer „gesunden und unverderbten Sitten“, im Vergleich mit denen des schon um die ZWeitwende dekadenten Rom.

Über die ganze Wanderungs- und Landnahmezeit blieb ihnen der Name „allemannen“. In Frankreich un Spanien sind die Deutschen noch heute „les Allemands“ und „los Alamanes“. Auf ihrem Zug nach Süden erlebten sie Strapazen, Gefahren, Hunger und Kämpfe. Lange Zeit zogen sie umherm, unruhig und bedrängt, suchten fruchtbaren Boden und Wasser, versuchten über eine Ernte zu siedeln, wurden wieder vertrieben und vertrieben selbst.

Erst Jahrhunderte nach der endgültigen Festsetzung nannten sie sich wieder Sueben oder Schwaben, als ihr Volk durch schwäbsiche Herzöge vertreten wurde.

Das Erbe der Römer

Obwohl die römische Besatzung sich zurückgezogen hatte, fanden die Neusiedler unübersehbare Spuren aus der Zeit ihrer Vorgänger.

Zunächst gab es noch Reste der vorrömischen Bevölkerung, sogenannte Galloromanen oder Kelten. In den noch heute gültigen Fuß- und Bergnamen haben auch sie ihre Spuren hinterlassen, noch wirksamer in den Asterix- und Obelixgeschichten. Aus dieser eit der Kelten, aus dem 1. Jahrhundert vor Christus, der „La-Téne-Zeit“, wurde un Mörsingen ein Grabhügel gefunden und 1951 von Rieth beschrieben. Er enthielt ein reich ausgestattetes Kindergrab. In der Nähe südwestlich von Mörsingen ist außerdem ein Hügelgräberfeld auf der jüngsten archäologischen Karte verzeichnet.

Die römischen Errungenschaften, die die Allemannen vorfanden, waren ihrer Wesensart fremd. Von Mißtrauen bis zur Zerstörung reichte ihre Reaktion. Dennoch waren sie auch sehr beeindruckt: Baumaterial und -weise, Straßenbau und Verkehrsnetz, Geld-, Münz- und Militärwesen, handwerkliche Künste wie Keramik, Glasherstellung und Metallbearbeitung, das römische Rechtswesen und die Kunst des Schreibens, neue Nutzpflanzen und Anbaumethoden waren in ihrer Vielfalt verwirrend, aber auch zur Nachahmung verlockend.

Nur durch Chronisten anderer Völker lernen wir die Alamannen und uhr Bild von sich kennen. Trotz der innerlichen Abwendung übte die unwillkürliche kulturelle Anregung durch die Römer seine Sicherwirkung aus, die das Fremde langfristig als Bestandteil ihrer eigenen Kulktur einbezog. Aus murum wurde Mauer, aus teculum Ziegel, aus fenestra Fenster, aus tabula Tafel, und aus vinum Wein, um nur wenige Beispiele der dauerhaftesten römischen Spuren aufzuzählen.

Wieder zurück zur MERIGIS-SIPPE

Nach den Kelten und Römern fanden im verlassenen wasserreichen Appha-Gau die Gruppe ihren endgültigen Platz.

Was war wichtig bei der Wahl? Die Entscheidung war sorgfältig bedacht:
Geschärften Auges, durch due Erinnerung der Alten und die eigene Erfahrung gewitzt, musste der ausgescuhte Platz dies bieten: guten Ackerboden, Weidegrund, günstiges Klima, Freiflächen für Bauten, ausreichend Frischwasser, reichen Waldbestand für Bau- und Brennholz, Waldweide, Kohlemeiler und Brennöfen, er musste geeignet sein für die Eichelschweinemast, dazu besetzt mit jagdbarem Wild.
Offensichtlich fanden Merigis und die Seinen diese Bedingung erfüllt.

In der Oberamtsbeschreibung Riedlingen von 1923 wird zur Lage Mörsingens folgendes ausgeführt: „11,2 km nordnordwestlich von Riedlingen, 649,9 m über NN, Markung 592 ha, von herrlichem Waldbestand umgeben, liegt in einem Kessel des Teutschbuchs, ziemlich weltabgeschieden, aber mitten in guten Fruchtfeldern gelegen, genießt von Nord und Ost besonderen Schutz durch die Waldungen“.

Die Lage im Teutschbuch und vor allem die reichen Waldungen sollten für Mörsingen über Jahrhunderte eine wichtige Rolle spielen.

Almannische Lebensweise

Wie bekannt, ist Auswandern eine mühselige Sache. Unter günstigen Voraussetzungen ist die Stabilisierung und gesicherte Vorratsbildung nach längerer Zeit möglich, waren auch immer von Risiken bedroht. Allerdings erwarteten die Siedler nicht zu viel: wo Jäger und Sammler über Jahrtausende durch Zufallsbeute und -funde ihr Leben gefristet hatten, waren sie das Leben von der Hand in den Mund gewohnt.

Sie hielten sich an die Gewohnheiten aus der alten Heimat: Ihre Art, den Boden nur kümmerlich auszubauen im Wechsel von Gras- und Feldwirtschaft, ihre Vorliebe für die Viehhaltung, die auf früheres Nomadentum zurückging, ihr Gespaltensein zwischen dem Wunsch, frei als tapfere Kämpfer und Jäger zu leben, und dem Wunsch, durch Saat und Ernte auf eigenem Boden vorrausschauende und nötige Vorsorge zu betreiben und das Überleben zu sichern. In der Menschheitsgeschichte ist dieser Konflikt im Kain- und Abelmotiv festgehalten: Ackerbauer gegen Hirte, Seßhafter gegen Nomade.

Sie pflegen ihre alten Überlieferung und Sitten weiter, was Hausbau, Kleidung, Nahrung, Arbeitsgeräte, Werkzeuge und Waffen anging. Und sie konnten schon Bier brauen.

Mit Opfergaben verehrten sie ihre Götter, deren Vorstellungen sie einer Personifizierung der Naturgealten entnahmen, und baten sie um ihren Segen und Schutz für ihre Arbeit und Fluren. Nach einiger Zeit wechselten sie von der Brandbestattung zur Körperbestattung ihrer Toten und setzten sie in Reihengräbern bei, das Gesicht nach Osten gewendet, der aufgehenden und lebenspendenden Sonne zu.

Diese Kenntnisse verdanken wir vor allem den Archäologen. Da schriftliche Aufzeichnungen fehlen, mussten stumme Zeugen wie Steine, Knochen und andere dauerhafte Ausgrabungsfunde befragt werden. Vergleichende Studien ergaben ein zeimlich deutlisches Bild von der alamannischen Lebensweise, und es ist legitim, diese Erkenntnisste von Pfullingen und dem Runden Berg Urach auch auf nicht so genau untersuchte Siedlungsgebiete wie z.B. Mörsingen zu übertragen.

Beim Neubau der flacheren Steigung beim „Käppele“ in Mörsingen sollen beim Aufgraben alamannische Tonperlen gefunden worden sein, wie häufig an anderen Orten, weshalb keine weitere genaue Untersuchung erfolgte. Da im Zuge der Christianisierung heidnische Kultstätten oft von christlichen Beuten abgelöst wurden, um der heidnischen Verehrung im wahrsten Sinne des Wortes den Boden zu entziehen, könnte dies auch hier genau so gewesen sein. Die Nachfolgekapelle wurde von Kranken, die unter „Aisen“ litten, aufgesucht, um göttlichen Beistand für die Heilung dieser Geschwüre zu finden.

Besonders aussagekräftige Funde wie Schmuckstücke, Waffen und Gewandfibeln usw. sind in den regionalen Museen und in Stuttgart in den archäologischen Abteilungen des Landesmuseums ausgestellt. So lassen sich an Gegenständen Zeit, soziale Stellung der Toten, und Art und Umfang der vermuteten Handelsbeziehungen ablesen. Da der bevorzugte Werkstoff der Alamannen aber Holz war, sind die Fundstücke aus diesem Material beschränkt, z.B. auf Oberflacht bei Tuttlingen, wo der moorige Booden gut konservierte. Das erst kürzlich eröffnete städtische Museum in Riedlingen zeigt Funde, die in Mörsingen gegen 1870 ergraben wurden von Mitgliedern der Riedlinger Altertumsvereins. Dies dürfte von anderen Funden in der Umgebung angeregt worder sein. Eine Quelle spricht von einer wahren „Grabungswut“ gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Vielleicht überwog manchmal die Begeisterung die, wie man heute weiß, nötige Sachkenntnis und methodische Sorgfalt zur richtigen Deutung der Funde, jedoch war das Interesse wieter Kerise für die neue Wissenschaft geweckt.

Um zusätzlcihe Erkenntnisste bemühten sich auch die Sprachforscher und Volkskundler. Dazu gehört die Sammlung religiöser Vorstellungen, Mythologien und Sagen, alter Sitten und Bräuche, die lange Zeit nur im Volksmund überliefert wurden. Der Germanist Jakob Grimm, einer der märchensammelnden Brüder, übernahm eine Vorreterrolle als Mitbegründer dieser wissenschaftliche Richtung. Zusätzlich erwähnt seien Sprichwortsammlungen und Dialektforschungen aus Schwaben.

Hin- und Nachweise zur Herkunft der Schwaben aus Elbgermanien gibt Siegfried Bachmann, Urach, indem er schwäbisch-englische Sprachverwandschaften untersucht. Die den Schwaben verwandten Angeln und Sachsen führte die Völkerwanderung nach Birtannien, wo sie dann als „Angelsachsen“ in „England“ der britisch-keltischen Ursprache viele eigene Sprachspuren hinzufügten, deren schwäbsiche Herkunft unverkennbar bleibt.

In diesem Zusammenhang sei vermerkt, dass eine Sprachgrenze zwischen Schwäbisch und Alamannisch nicht existiert, da beide identisch sind. Die Schweizer Laute stammen aus der Zeit, als auch Helvetien zu Alamannien gehörte.

Dagegen gibt es eine wirkliche Sprachgrenze zwischen Frnaken und Alamannen. Und nciht nur die Sprache trennte sie.

Die Franken kommen: Neue Herren – neuer Glaube

Gegen die Römer hatten sichd ie Alamannen durchgesetzt. Aber er drohte neue Gefhar Unter Chlodwig, dem fränkischen König, vereinigten sich alle Franken westlich des Rheins, griffen die Alamannen an un siegten bei Tolbiacum oder Zülpich 496. Ein umstrittenes christliches Siegeswunder führte zu diesem Sieg: seine Frau war getaufte Christin, und im Falle des Beistandes ihres Gottes versprach er auch seine eigene Taufe. So geschah es.

Natürlich hatte dies auch politische Hintergründe: der neue Glaube sollte ihm bei der Vereinheitlichung der unterworfenen Völkerschaften helfen. Die Thronfolge in seinem Geschlecht, der Merowingern, war nich klar geregelt – so setzte er sich in rigiden Machtkämpfen im eigenen Land, auch gegen Konkurrenten aus der eigenen Familie druch, wie die grausame und blutige Geschichte der Merowinger zeigt.

Alle Versuche, die fränkische Macht abzuschütteln, schlugen den Alamannen fehl. Schließlich nahm der ostgotische König Theoderich die Alamannen unter seinen Schutz, so dass sie nur mittelbar von der fränkischen Macht abhingen. Theoderich ist der Dietrich von Bern/Verona, arianischer Christ und aus vielen Sagen bekannt. Die Arianer verneinten die Wesensgleichheit von Gottvater und Gottsohn, was für Bischof Arius 375 in Nicäa zur Verdammung als Ketzer führte. Unter Theoderichs Schutz kam es in Alamannien zu ersten Kontakten mit dem arianisch ausgeprägten Christentum, was Funde von typischen Goldblattkreuzen und das christliche Fischsymbol in Reihengräbern, z.B. in Pfullingen, beweisen. Schließlich wurde der dreißig Jahre Chlodwigs Sieg und einem alamannischen Aufstand Alamannien dem Frankenreich zugeordnet. Aber erst in 9. Jahrhundert, als die Besiedlung der Schwäbsichen Alb abgeschlossen war, war auch dieser Prozess beendet.

Mit der fränkischen Herrschaft war die Zeit der losen Sippenverbände und Gaue vorbei. Die Frnaken versuchten, eine eher zentral ausgerichtete Verwaltung für Abgaben und Heeresdienste einzuführen. Damit beauftragten sie einen Herzog aus schäbischem Adel, dem die Einheimishcen eher Gefolgschaft leisten würden. Dieses Amt wurde bald erblich.

Im 8. Jahrhundert hatten die Merowinger abgewirtschaftet, sie wurden von den Hausmeiern abgelöst, ehemals königliche Verwalter und Dienstleute. Aus ihnen entwickelten sich die sog. Karolinger, welche nach und nach die Stammesherzogtümer auflösten, um Macht und Würde zu vereinen unter einem König.

Der schwelende Widerstand des alamannischen Herzogs Theubald gegen diese Regelung wurde von Karlmann, dem Sohn Karl Martells, 746 in Canstatt gebrochen. Kaltblütig wie ein Merowinger ließ er die eingeladenen Schwöbsichen Adeligen heimlich umstellen und niermachen. Seine Schuldgefühle sollen ihn veranlasst haben, noch im gleichen JAhr sich unerkannt als büßender Mönch ins Kloster Montecassino zurückzuziehen.

Fränkischer König und Kaiser

Die herausragende Gestalt des frühen Mittelalters wurde KArlmanns Neffe Karl. Die Entwicklung Europas wurde durch ihn ausschlaggebend beeinflusst. Er war ein kluger Stratege und beherzter Kämpfer während der Kämpfe, die der Eroberung, Verteidigung und einheitlichen Strukturierung seines riesigen Reiches dienten. Dazu gehörte die Ausbreitung des Christentums, wobei sein Bild getrübt wird durch die unbarmherzige Härte, mit der nicht Bekehrungswillige behandelt wurden.

Vielfältig interessiert, erkannte er die kulturelle Bedeutung des Christentums früh. Mit seinem Hof von Pfalz zu Pfalz ziehend, erledigte er seine Regierungsgeschäfte. Er umgab sich mit Freunden, Gelehrten und geistlichen Würdenträger, an deren Unterhaltungen teilzunehmen auch seinen Töchtern erlaubt war. Bildung und Wissenschaft brachte er durch die Gründung von Klosterschulen voran. Er ließ germanische Lieder sammeln, verband antikes mit christlichem Gedankengut, bereichert auch um germanische Kulturzeugnisse. In diesen Dienst stellte er auch die Kenntnisse der klösterlichen Schreibstuben und Bibliotheken.

Mit dem christlichen Gedankengut wurden natürlich auch die politischen Vorstellungen der Franken transportiert.

Dieser Karl wurde 747 geboren, 768 zum fränkischen König und 800 zum römischen Kaiser gekrönt. Er hinterließ nach sienem Tode 814 ein Reich, das in etwa das heutige vereinte Europa umfasst. Die Nachwelt nannte ihn: „Karl der Große“.

Erste schriftliche Erwähnung von MÖRSINGEN

Mit diesem Karl verbindet unsere Region, dass er sich seine zweite und vierte Frau aus Schwaben holte. Hildegard, die Enkelin des schwäbischen Herzogs Gottfried, kam vom Bussen. Außer dem Respekt vor ihrem familiären Adel und hohen Rang, die seine eigene Stellung stärkten, empfand Karl für dieses dreizehnjährige „Bussen-Kindle“ bald auch echte Zuneigung. Sp frühe Ehen waren mit Blick auf die Nachkommen, die hier Erben eines Reiches sein würden, normal und wurden auch so empfunden. Bei der hohen Kindersterblichkeit und der geringen Lebenserwartung kann man diese Denkweise nachvollziehen. Hildegard war mit 25 Jahren neunfache Mutter und hatte ihre dynastische Aufgabe vorbildlich erfüllt, als sie selbst der hohen Frauensterblichkeit zum Opfer fiel.

Hundert Jahre nach Karls Krönung wurde in der fünften Generation Ludwig „das Kind“ zum König Ostfranken im inzwischen geteilten Reich erhoben. Er wurde nur achtzehn Jahre alt.

Während seiner Regierungszeit wurde Mörsingen erstmals schriftlich erwähnt. Im Württembergischen Urkundenbuch I, 203 f, Nr. 175 steht:

„904, Juni 15. Ingelheim
König Ludwig gibt die dem Priester Isanrich von Kaiser Karl geschenkten, später wegen seiner Teilnahme an dem Aufstande Bernhards zum Fiskus eingezogenen Güter auf Fürbitte des Erzbischofs Hatho an denselben zurück, und bestätigt gleichzeitig einen wegen dieser Güter mit dem Kloster Reichenau eingegangenen Precarei-Vertrag“.

Diese Maßnahme, den Prister Isanrich betreffend, galt im Appha-Gau sowohl für sechs Güter in Mörsingen als auch für vier in Gauingen und zwei in Zwiefalten. Die Verleihung von zwölf Gütern aus Königsgut an Isanrich durch den Kaiser deutet auf eine vielleicht familiäre Verbindung, oder auf besondere Verdienste des Priesters hin. Allerdings ist über die Größe der Güter nichts ausgesagt.

Als Kaiser Karl der Dicke, der Epileptiker gewesen sein soll, seinem Amt nicht mehr gewachsen war, wurde sein Rücktritt, oder besser seine Absetzung, durch einen Aufstand seines Sohnes Bernhard eingeleitet.

Obwohl Isanrich Karl verpflichtet war, schlug er sich auf die Seite Bernhards. Karl wurde zwar abgesetzt, aber auch Isanrich musste seine Güter an das Königsgut zurückgeben. Erst 17 Jahre später, auf Fürsprache von Hatho, Erzbischof von Mainz, erhielt er sie erneut. Dies jeoch nur zur Bearbeitung und Nutzung und auf Widerruf, der dem Kloster Reichenau zustand. Ein solch vorsorglicher „Precarei-Vertrag“ war eine verbreitete Lösung ähnlicher Fälle.

Es sei noch vermerkt, dass in der Zeit der christlichen Eigenkirchen, von Adligen errichtet, der Unterhalt der Priester und bauliche Reparaturen von den Kirchherrn sichergestellt wurden. Diese Abhängigkeit bot die Gewähr, dass der weltliche Kirchherr seinen Einfluss auf eine Neuvergabe der Priesterstelle samt Einkünften und Gütern behielt, was u.a. im Investiturstreit angefochten wurde.

Eine Notir in „Heimat und Arbeit“, Reutlingen, S. 292, sagt zur Ersterwähnung:

„In Meregesingen im Affagau besaß der 887 abgesetzte Karolingerkönig Karl III., der Dicke, Königsgut, das 904 unter König Ludwig, dem Kind, an Kloster Reichenau gegeben wurde. Dieses erhielt auch von Berthold, dem letzten Alaholfinger, Besitz in Mörsingen“.

Die Nennung zweier letzter Alaholfinger, Berthold und im folgdenden Adalbert, geht wohl darauf zurück, dass sich dieses alamannische Geschlecht von der Alteburg bei MArchtal in zwei Linien aufgeteilt hatte oder dass es sich um Nahe Verwanfte handelte.

Der Name Isenrich, heute hieße er Eisenreich, gibt in der Rückschau Anlass zur Überlegung, ob der Priester vielleicht auch Nutznießer der Bohnerzgewinnung in Upflamör, Mörsingen und Geisingen war? Da Eisen kostbar und teuer war, hatte er womöglich uach hier sein Schäfchen ins Trockene zu bringen veruscht.
Hufeisen bringen ja bekanntlich Glück.

Auch die „Kirchengeschichte Schwaben I, 1950. f 159“, von Hermann Tüchle, äußerte sich zu den Besitzverhältnissen in Mörsingen zu Beginn des 10. Jahrhunderts:

„Zwar haben unter den sächsischen Königen und Kaisern (den Ottonen, d. Verf.) zu Beginn des 10. Jahrhunderts, mit Ausnahme der größten Schenkung des Grafen Adalbert von Marchtal an die Reichenau, die Zuwendungen an die alten großen Abteien nachgelassen, aber die Macht der Klöster wuchs jetzt vor allem durch die planmäßige Konzentrierung und Abrundung der Besitzungen.
Der 954 gefallene Adalbert von Marchtal, der letzte der Alaholfinger, vermachte der Reichenau Besitz in 60 Orten, u.a. in der Baar, In Eritgau, Im Affagau … in Andelfingen, Pflummern, Daugendorf, Grüningen, Mörsingen … bis vor die Tore Ulms“.

Aus der gleichen Quelle stammt:

„Das Kloster St. Gallen hatte in der Karolingerzeit Eigentum in etwa 100 Orte des heutigen Würrtembergs gewonnen … Die Kirchenpatrozinien Gallus und Otmar weisen heute noch auf einstigen Besitz, von St. Gallen hin. Erwähnt seien die Galluskirchen in … Brenz, Eschau, Freudenstein Frommern, Gattnau, Grünkraut, HAusen a.d. Lauchert, Mörsingen, Mühlheim a.d. Donau … usw.“.

(Eine schriftliche Erstnennung gibt nicht das tatsächliche Alter einer Siedlung an, sondern immer nur das Mindestalter. Daraus folgt, dass Mörsingen im Jhar 2004 nachweislich seinen 1100. Geburtstag feiern kann).

Die reichen und häufigen Schenkungen beweisen, dass die Christianisierung und die von den Franken angestrebte Herrschaftsform bei den Alamannen Fortschritte gemacht hatten und auch verinnerlicht worden waren.

Der Heilige Gallus – Mörsingens Kirchenpatron

Wie erwähnt, erstreckte sich der Einfluss von Reichenau und St. Gallen über ganz Süddeutschland, verbreitet von Ordensleuten und Weltpriestern. Ein großteil der Missionierung ging auf irische Glaubensboten zurück. Kolumban war gelehrt und predigte überzeugend, sein Begleiter Gallus, von manchen den Frankenzugerechnet, diente Gott lieber in Einsamkeit und Askese. Er sprach und verstand die Landessprache, lebte wie die Einheimischen und gewann so ihr Vertrauen. Der Bär, den er sich dienstbar machte und mit dem er meistens dargestellt ist, erschien den Menschen wie ein Wunder. Er steht für die Überwindung der wilden Natur, für Urbarmachung, für Arbeit, Fleiß und Geduld. Um die Gebetszelle von Gallus herum entwickelte sich um 720 die Stadt St. Gallen mit dem Kloster.

Diese führte sein Nachfolger Ottmar zu hoher Blüte.

Dass Schenkungen aus Mörsingen an St. Gallen ging, ist bei der Beliebtheit des Heiligen nicht verwunderlich.

Seine Lebensweise klingt vertraut mit den Überlieferungen der Alamannen aus der Völkerwanderungszeit und danach.

Das Galluspatrozinium galt jenseites des Teutschbuchs auch für Zell, ebenfalls veranlasst durch Berthold. Ursprünglich Rammesau, dann Bertholdszell und endlich Zell genannt, wird seine Wichtigkeit unterstrichen durch die Tatsache, dass das viel größere Daugendorf Filiale von Zell war. Auch von dort gab es Schenkungen an St. Gallen. Der endgültige Verbleib dieser Güter in Mörsingen, Zell und Daugendorf ist nicht mehr nachzuvollziehen. Die komplexen Schenkungs- und Besitzverhältnisse in allen drei Gemeinden geben aber wieder einen Hinweis, dass das erst 1089 gegründete Kloster Zwiefalten, geprägt von den Reformbestrebungen von Cluny und Hirsau, sich lange scheute, in Mörsingen aktiv zu werden in der Erwerbspolitik am Eigentum der ebiden ehrwürdigen und angesehenen alten Klöster St. Gallen und Reichenau.

Auswirkungen auf die Bevölkerung: Standes-, Lehens- und Feudalwesen

Die Schenkungen zeigen auch, dass Grund un Boden, und damit die Verfügungsgewalt über ehemals freie Güter der Sippen, nun fest in adeliger oder geislticher Hand waren. Die Ausbildung verschiedener Stände hatte mit der Frankenherrschaft eingesetzt und war vorangeschritten: die Bauern schufen druch ihre Arbeit die Grundlage für die materielle Versogrung der Gesamtbevölkerung; die Herren nur durften als Freie Waffen tragen und übernahmen im Konfliktfakk die Verteidigung aller; Priester und Mönche waren für geistliches Wohl, Bildung und Fürbitten zuständig, Waffen waren ihnen untersagt. Der Schutz der Klöster oblaf deshalb einem Vogt, was vom Wort „Advokat“ herkommt, und außer der gerichtlichen Beihilfe auch die handfeste Verteidigung mit einbezog. Sehr vereinfacht entstand so das Bild von drei Ständen: die Bauern als Nähstand, die Adeligen und Berittenen als Wehrstand und die Geistlichen als Lehrstand.

In seinen Stand wurde man einfach hineingeboren und man nahm ihn als gottgegeben hin. Es war fast unmöglich, seinen Stand nach oben zu verlassen, außer im Kloster durch besondere Begabung oder Fähigkeiten. Als Gelehrter oder in einer geistlichen Funktion war es dann möglich, zur höheren Ehre Gottes oder des Klosters zu wirken.

Im Nähstand wuchsen zwar die Familien, aber nicht der verfügbare Boden. Verknappte sich die nötige Ackerfläche, so konnte man bei Grundherrn ein Stück Land leihweisebekommen, es bearbeiten und bepflanzen. Als Leihgebühr dafür musste der Ertrag in einem vorher bestimmten Verhältnis mit dem Grundherrn geteilt werden. Es waren außerdem feste Arbeitsleistungen dafür vorgesehen, wie Spanndieste, Holzschlagen, Bauarbeiten, Treiberdienste; auch Feldarbeiten wir Pflügen, Mähen, Heuen, Säen oder Ernten waren möglich. Nach Entwicklung des Geldwesens waren die Grundherren auch zufrieden mit einer Ablösung in barer Münze. Um die Abhängigkeit augenfällig zu machen, wurden darüber hinaus feste Abgaben verlangt: das beste Stück Vieh im Todesfall, dazu das beste Kleidungsstück; Leibhennen, Eier, Käse, Honig und Wachs wurden erhoben anlässlich bestimmter Tage und Feste. Mit der Zeit schlichen sich zunehmende Verfestigungen in dieses System ein zum Vorteil der Grundherren.

Diese selbst wareb oft auch Lehensträger, die das bewirtschaftete Land, ihr Lehen, für die Bereitschaft bekommen hatten, Dienste für ihre übergeordneten Herrn zu leisten, sei es am Hof, in der Verwaltung oder im Heeresdienst.

Die menschliche Natur ist immer in Versuchung, Grundbesitz als Eigentum zu betrachten, auch wenn man damit nur sehr lange „belehnt“ worden ist. An oberster Stelle dieser Lehens-Pyramide stand der Kaiser oder König. Um seine Herrschaft ausüben und erhalten zu können, war er auf seine Lehensleute angewiesen und musste deshalb in gewissen Ausmaßen ihre Eigenmächtgkeiten dulden. Wenn an den Grenzen des Reiches Druck von außen dazu kam durch feindliche Hunnen, Wikinger oder Magyaren, war ohne Vereinigung aller Kräfte wirksame Gegenwehr kaum möglich. Dies erforderte hohe materielle Reserven und persönliche Opfer, fpr die die Erbringer einen Ausgleich waren.

Diesen Ausgleich schuf der Herrscher, in diesem Fall Heinrich III. indem er 1037 die bisher kündbaren Lehen für die Inhaber in erbliches Eigentum umwandelte, ein Schritt, der als „constitutio feudis“ oder als der Beginn des Feudalwesens bekannt ist. Damit war der Besitz festgeschrieben, allerdings nur für Ministeriale, Adelige, Ritter und hohe Lehensträger.

Neben diesen Verflechtungen erstreckte sich ein engmaschiges Netz von adligen Verwandschaften und damit verbunden Erbrechten über das ganze Land. Es blieb nicht aus, dass auch bei der befugten Ausübungen von Gerichtsbarkeit Standesinteressen mit einflossen.

Freie Bauern wurden immer seltener. Als waffenfähige Freie waren sie zum Kriegsdienst verpflichtet. Das überforderte sie zeitlich und finanziell in einem Maß, dass sie ihren Status meist freiwillig aufgaben und Halbfreie wurden unter dem Schutz eines Herren. Ihre Kinder erhielten nach der Heirat eines Elternteils mit einem nciht Ebenbürtigen den niedrigeren Status, woran die Herren mit Blick auf beliebig verfügbare Arbeitskräfte interessiert waren; Heirat oder Wegzug unterlagen ihrer Zustimmung. Die größten Einschränkungen mussten Leibeigene hinnehmen, bis hin zum Handel mit ihrer Person.

Der Name „Skalve“ umschreibt den gleichen Sachverhalt und geht auf die Mitglieder besiegter und gefangener slawischen Stämme zurück.

Zusammenleben in der Hofgemeinschaft

In der mittelalterlichen Agrarwirtschaft arbeiteten die meisten Menschen auf einem Bauernhof. In der mehrteiligen Hofanlage drückte sich der Abstand zwischen Herr und Knechten aus. Im Mittelpunkt stand das große Wohnhaus des Grundherrn oder seines Vertreters, Maier genannt. Es war umgeben von Scheunen, Ställen, dem Backhaus und einem Webstuhl, der zum Feuchthalten der Fasern vertieft in den Boden eingelassen war. Ein Wall mit Graben grenzte das Anwesen ab, ein Holzzaun und eine Zugbrücke vervollständigte die Sicherheitsvorkehrungen. In der Anlage erinnert das and ie Vorkehrungen am Limes.

Die Funktion war auch eine bewusstseinsbildende: Innerhalb dieses Raumes galt der Hausfriede und das Hausrecht, unbefugtes Betreten galt als Hausfriedensbruch und Verletzung gültigen Rechts.

Die Hütten des unfreien Gesindes lagen außerhalb, bei den reichen Besitzern gesellten sich bald die von leibeigenen Bauern und Handwerken dazu. Die Hofknechte bekamen ein kleines Grundstück für die Eigenversorgung. Überschüsse aus den Werkstätten dienten zu Handelszwecken in der nächstgelegenen Siedlung.

Die Maier veralteten den Besitz mit sog. Maier- oder Fronhöfen aus, so dass die Existenz des Eigentümers gesichert war. Aus der frühen Zeit der Ansiedlung galt weiterhin die selbstständige Ausgestaltung des Hofrechts. Was die Ausgestaltung des Zwiefalter Hofrechts anbetrifft, so ist sie sehr schön ausführlich in den Chroniken Bertholds und Ortliebs nachzulesen. Das Vorhandensein von zwei Fronhöfen auf dem Mörsinger Kapf deutet auf zwei Grundherren mit Einkünften hin.

Die Größe der Fronhöfe verbesserte die rationelle Bearbeitung. Mit Brachfeld, Winder- und Sommerfeld wurde in den drei Öschen der Markung die Dreifeldwirtschaft eingeführt. Das erforderte strikte Einhaltung der Anbauordnung und Zusammenarbeit. Die Feldarbeiten waren besser über das JAhr verteilt, der Boden wurde doppelt bearbeitet, die Nährstoffe sammelten sich schneller an und verbesserte so die Düngung. Auch wirkungsvollere Geräte wurden zur Bodenbearbeitung entwickelt.

MÖRSINGEN – das dreigeteilte Dorf

Die beschriebene Entwicklung war mit Sicherheit auch für Mörsingen gültig. Schriftliche Nachrichten davon gibt es leider nicht. Wie wir wissen, wurde die Siedlung durch einen Priester versorgt, was das Vorhandensein einer kleinen Kirche oder Kapelle nahelegt, auf deren Standort später jeder Um- und Neubau statt fand. Schon der Gottesacker als geweihte Ruhestätte der Toten verweist darauf.

Die eigenartige Siedlungsanordnung von Mörsingen, wie sie noch heute überrascht, zeigt von ferne deutlich die Dreigliederung: den Kapf mit Kirche und den geteilten Fron- oder Maierhöfen; den Berg mit Schule (und früher Kramladen); das untere Dorf, „s‘ Ort“ (gleich „äußerstes Ende“) genannt, entlang der Straße mit Rathaus, Zehtscheuer (abgebrochen), Milchsammelstelle, Backhaus und zwei öffentlichen Brunnen, Bauernhöfen und Seldnerhäusern.

Der Kapf deutet mit den geteilten Maierhöfen vermutlich auf Reichenau und St. Gallen, später zwei Herren von Justingen als Grundherren hin. Von hier aus führt der kurze Weg nach Zell über Teutschbuch und „Zeller Brunnen“. Eine freundliche Mitteilung von Herrn Bruno Waidmann, auf dem Mörsinger Kapf aufgewachsen, besagt, dass ihm seit Kinderzeiten die eigenartige und ebenmäßige Trassierung der begleiteten Waldflächen an eben diesen, zum Donautal abfallenden Weg aufgefallen sind. Sollte die in der Kreisbeschreibung Reutlingen von 1997 ausgesprochene Vermutung zutreffen, dass das ursprüngliche Dorf sich auf dieser obersten Ebene befand, so könnte man diese Beobachtung als Indiz für die Wahrheit dieer Vermutung werten. Mutmaßung und Spekulationen sind aber schlechte Ratgeber in diesem Fall, der einer genauen Untersuchung bedürfte. Der Vollständigkeit halber sei dieser Nachricht aber aufgeführt.

Vermutet man den Kapf als zentrale Ursiedlung, so gäbe es natürlich bei Markungsausweitung auch einen ganz trivialen Grund, die Siedlung in großen Teilen an den Fuß des steilen Anstiegs zu verlegen: Mit Lasten bergab zu fahren ist allemal schonender für das Zugvieh!

Ob Zufall oder Unglück oder Absicht – Mörsingen ist mit seiner Dreiteilung den drei Ständen treu geblieben: auf dem Kapf Gesitlichkeit und adlige Verwaltung, auf dem Berg Bildung, „Handel“ und Forstverwaltung, unten im Ort die Bauernhöfe, unentbehrlich fpr die Grundversorgung, und das Rathaus, in dem ab dem 15. Jahrhundert ein Schultheiß die ersten Ansätze bürgerlicher Verwaltung verwirklichte.

Im Volksmund wird die Dreiteilung als „Himmel, Fegfeuer und Hölle“ gedeutet und bezeichnet, oder aber „der Teufel habe die Mörsinger Ortsteile im Galopp verloren!“ Solche derben Scherze waren früher als Neckerei unter Nachbarorten üblich und beliebt.

Das Reformkloster Zwiefalten

Die Klostergründung 1089 wurde schon eingangs erwähnt. In Kürze ihre Grundlage für die weitere Entwicklung:

Die strenge benediktinische Klosterordnung des Gründers war in langer Zeit aufgeweicht und verweltlicht worden. Beten, arbeiten, Gehorsam und Armut, auch die Beachtung des Keuschheitsgelübdes wurden nicht mehr im Gründersinn eingehalten. Das Eigenkirchenwesen setzte Laien als Äbte ein, geistliche Ämter wurden an den Höchstbietenden verschachert. Diese Schwachstellen wurden verschärft durch den Kampf um die Vermachtstellung: auf der einen Seite Papst und Kirche, auf der anderen Kaiser und Reich. Als der Papst den Kaiser Heinrich IV. in Acht und Bann sprach, musste dieser durch den sog. „Canossa-Gang“ reumütig um Gnade bitten und zwang damit den Papst, ihn vom Bann zu lösen.

Dieser Streit, der sog. „Investitur-Streit“, teilte ganz Europa und auch die hochadelige Familie von Achalm in zwei Lager. Die späteren Klostergründer waren treue Papstanhänger, ihr Bruder Werner, Bischof von Straßberg, ein ebenso überzeugter Parteigänger des Kaisers. Von kirchlicher Seite wurden berechtigt Reformen der Missstände verlangt; eine Reformbewegung ging vom französischen Cluny und von Hirsau aus.

Die Achalmbrüder, die fortgeschrittenem Alter, sensibilisiert durch den Gedanken an das Jenseits, der außerdem kurz vor den Kreuzzügen nahelag, dazu das Gott von ihrem Bruder Werner angetane Unrecht bedenkend, entschlossen sich zur Wiedergutmachung durch den Bau eines Reformklosters auf ihrem Grund und Boden. Großzügig übernahmen sie dessen Ausstattung mit Gütern und kirchlichem Inventar. Die Mönche übernahmen dafür durch Bitten und Gebete die Sorge für das Seelenheil der Stifter. Liutold trat als alter Mann in das Kloster ein und ließ sich noch kurz vor seinem Tod zum Mönch weihen.

Für uns Heutige ist die Klostergründung vor allem interessant, weil die Mönche Ortlieb und Berthold auf Geheiß ihres Abtes minutiös über Stiftungen und Stifter berichteten in der Zwiefalter Chronik. Auch besondere andere Vorkommnisse wurden getreulich notiert, was diesem Zeitdokument hohen Rang verleiht.

In Bezug auf Mörsingen ist es wahrscheinlich, dass das große Ereignis einer Klostergründung die Mörsinger Nachbarn unwiderstehtlich anzog und sie sich öfters einfanden, um erstaunt zu erleben, dass das Abschreiben von Büchern den Mönchen fast wichtiger war als die Fortschritte des Neubaus und eine angemessene Unterkunft für sich selbst!

Besonderheiten in der Chronik

Diese sind auch bezüglich des geisitgen Horizonts der Menschen des 11. JAhrhunderts aussagekräftig. Es sint erwähnt:

  • ein Besuch von Papst Leo IX. in Zwiefalten auf dem Weg zur Synode in Augsburg, 1049 oder 1051, also etwa vierzig Jahre vor der Klostergründung, wohl ein einmaliges Ereignis!
  • 1089 ein großes Sterben mit Teuerung und Hungersnot bis 1090, Tod eines Kindes und einer Familie und vieler anderer in Pflummer durch Strecken der Nahrung mit dem Kraut Kollo, (wahrscheinlich Schierling)
  • 1093/94 großes Sterben, davor freistündige Sonnenfinsternis
  • 1097 Brand der neuerrichteten Wohnstätten der Mönche,
  • 1117 schweres Erdbeben
  • zu Kreuzzugszeiten unheilvolle Zeichen am Himmel,
  • durchgehende Bedrängnisse des Klosters durch die Schutzvögte, die machtgierig ihre wahre Aufgabe versäumten, und die bittere Erkenntniss, dass vor allem „Gold und Silberlinge“ in dieser Welt den Frieden und die Sicherheit am besten garantieren.

In den häufigen Hunger- und Krankheitszeiten wurde mit Sicherheit auch Mörsingen nicht verschont; seine Toten sind jedoch in keiner Chronik vermerkt.

Ein Weltpriester in MÖRSINGEN

Mit Kloster Marchtal verbunden war Mörsingen nicht nur durch die Alaholfinger, sondern auch druch den Weltpriester Heinrich von Suppingen. War er doch, bevor er 1208/09 als Probst der kleinen Pfarrei Mörsignen aufgeführt. Eine Marchtaler Quelle berichtet, dass Heinrich von Suppingen ein weitgereister und deshalb sicher gewandter Mann war, der Jerusalem und Compostela als Pilger aufgesucht hatte. Er war also ein modernes Kind seiner Zeit, denn die Kruezzüge hatten außer ihrer ursprünglichen Absicht den Teilnehmern und Pilgern überraschende Erfahrungen und eine neue Weltsicht ermöglicht, von denen vielleicht auch seine Pfarrkinder durch ihn Kunde erhielten. Trotz oder vielleicht wegen seiner Weltläufigkeit ist er allerdings von seinem Probstamt nach kurzer Zeit zurückgetreten.

MÖRSINGEN 1275 – ausgestorben, verlassen, verödet?

Das Ende des 13. Jahrhunderts hatte für Mörsingen Unheil bereit.

Die nächste schriftliche Nachricht findet sich nach langer Zeit in einem Bericht des Hayinger Dekanats an das Konstanzer Bistum im sog. „liber decimationis“, das ein kirchliches Abgabeverzeichnis war. Das heißt es im Jahr 1275:

„Mergesingen. Der Ort ist verlassen, die Kirche hat keine Pfarrkinder mehr.
Niemand weiß, wer der Kirchner ist.“

Was war geschehen?
Die schlimmste Möglichkeit ist, dass Mörsingens Bevölkerung insgesamt der Pest oder einer anderen Epidemie erlegen ist. Das würde das Verstummen der Umgebung am glaubwürdigsten erklären, da die Angst vor Ansteckung groß war und die Scheu, ein fast ausgestorbenes Dorf zu betreten, jeden zurückhielt. So waren Überlebende ohne Hilfe und Nachrichten. Die große Katastrophe musste schon eineige Zeit zurückliegen, wenn niemand mehr weiß, wer eigentlich der Kirchherr ist. Sollte die Verwüstung aber in den Auseinandersetzungen zwischen den Vögten der neuen Grundherren von Justingen bestanden haben, die auf dem Rücken der Mörsinger Einwohner ihre Streitigkeiten so lange austrugen, bis die restlichen Bewohner fluchtartig das Weite suchten, um so schlimmer! Denn in den unsicheren Zeiten des Interregnums war jeder des anderen Feind und suchte nur seinen Vorteil ohne Rücksicht auf Recht und Gesetz.

Über die volle Wahrheit können nur Vermutungen angestellt werden.

1283 – Kloster Zwiefalten nutzt die Gunst der Stunde

Nur acht Jahre später, nachdem Mörsingen wieder besiedelt worden sein muss, von wem, ist nicht sicher, erfolgten die diesmal nachweisbaren Streitigkeiten zwischen den Lehensträgern des Hauses Justingen, die in Emerkingen und Grüningen saßen. Alle drei waren miteinander verwandt, was vermutlich überhaupt erst zur Aufteilung geführt hatte. So war eine Parteinahme Justingens schwierig. Die allgemeine Rechtsunsicherheit in der „kaiserlosen, der schrecklichen Zeit“, wie Schiller sie später nannte, verfügrte zur allgemeinen Rücksichtslosigkeit. Die Streitigkeiten erkalierten, und jetzt mischte sich Kloster Zwiefalten ein: es verhandelte mit den Emerkingern und die günstigste Gelegenheit, sich Güter aus dem nahen Mörsingen einzuverleiben, bliebt nicht ungenutzt. Das Haus Justingen signalisierte Einverständnis, zumal sein Verlust durch einen räumlich günstigeren Besitz in Emerkinden aufgewogen werden sollte.

Mit Recht befürchtete Konrad von Grüningen, dass das Kloster auch den Rest Mörsingens anvisierte, der aus seinem Lehen mit Vogtei bestand und für ihn eine wichtite materielle Grundlage darstellte. Aber anstatt nun auch klug zu verhandeln, gab es nur unangemessene Reaktionen und Provokationen durch Konrad, seine Söhne und seine jungen Landauer Verwandten. Im Zuge der Auseinandersetzungen war großer Schaden und die Verwüstung von Mörsingen durch die Landauer zu beklagen. Das Recht, Gesetz und Ehre verletztende Betragen und Konrads Sohn Heinrich führte zu seiner Ächtung.

Durch einen Schiedsspruch des Gerichts lief es darauf hinaus, dass die Grüninger Forderungen nur geringfügig berücksichtigt wurden und das HAus Justingen zwar noch Stellung bezog, aber gleichzeitig den ganzen restlichen Besitz in Mörsingen dem Kloster übertrug.

Konrad, seinen Söhnen und seinen Neffen Rudolf und Wernlin von Baach wurde ihr Mannlehen abgesprochen. Die Grafen von Landau boten, „um den Schaden der LEute in Mörsignen zu bessern“, sechs Pfund Heller als Entschädigung an. Diese Regelung ist datiert von 1286.

Aber noch zu Anfang des 14. Jahrhunderts erhoben die Nachkommen den Herren von Emerkingen erneut Anspruch auf die Vogtei. Das Kloster war durch Schaden klug geworden und bereit, dieses Ansinnen durch „Gold und Silberlinge“ abzulösen statt eines erneuten Streites.

Schon 1280 hatte Konrad auf Rechte an einem vermutlich bebauten Grundstück des Klosters Offenhausen in Mörsingen verzichtet, das 1289 von Zwiefalten übernommen wurde un in der Folge „wüst“ fiel, d.h. aufgegeben wurde. Mit den Aufkäufen von Gütern der Trochtelfinger Kirche 1329 und 1395 von Haus von Hornstein von Wülflingen hatte das Kloster alle Güter und damit die Grundherrscahft in Mörsingen übernommen. Sie endete erst mit der Säkularisierung.

MÖRSINGEN im Hochmittelalter

Zwischen der Klostergründung und der Übernnahme Mörsingens in Klosterbesitz waren in aller Welt große Veränderungen vor sich gegangen. In der kleinen Siedlung hinter den Wäldern merkte man nicht viel davon. Die Mühsal des täglichen Nahrungserwerbs trug dazu bei, dass die Menschen sich bei der Veränderungen nur dann bewusst wurden, wenn sie direkt davon betroffen waren.
Nach heutigem Wissensstand war kein öffentlicher Adel in Mörsingen ansässig, der sichtbare Veränderungen dargestellt hätte.
Der Machtwechsel von den Ottonen zu den Staufern, die Aufbrüche zu den Kreuzzügen, der plötzliche Burgenbau des Adels auf unzugänglichen Bergen und die zunehmende Entstehung von Städten waren erstaunliche, aber dennoch gleichgültig hingenommene Nachrichten. In Mörsingen konnte man diese Dinge nicht an Menschan von Fleisch und Blut festmachen. Hautnah traf dagegen eine Abgabenerhöhung durch ihre Grundherrschaft, da Kreuzfahrer sich auf eigene Kosten ausrüsten mussten. Sie verpfändeten Hab und Gut für Knappen, Pferde, Waffen, Rüstung, Reisegelb und Proviant. Außer den Abgaben dafür mag mancher Familie ein abenteuerlustiger nachgeborener Sohn mit den Kreuzfahrten entlaufen seien, der wundersame Dinge in der Ferne erwrtete.

Diese Haltung nahmen die Bauern gegenüber dem Ritterleben und seinen Idealen ein. Ein „edler“ Ritter war fair, höflich und tapfer. Er schützte Witwen und Waisen, bestand Zweikämpfe, war freigiebig und verteidigte seine Ehre und die christlichen Werte. Der neue Frauenkult aus dem Minnewesen führte in Mörsingen allenfalls zu erhöhter Marienverehrung. Die eignen Frauen, von Arbeit und Schwangerschaften ausgelaugt, eigneten sich eher nicht für ein Podest.

Mehr berührte die Menschen der Aufschwung von Handel und Wandel, das entstehende bessere Wegenetz und die Vielzahl der Erzeugnisse, die von organisierten Handwerkern „zünftig“ hergestellt wurden und ihren Alltag erleichterten. Durch den Besuch von Märkten in der Nachbarstadt Riedlingen, mit Mauern versehen und an der Donau verkehrstüchtig gelegen, konnten sie diese Erfahrungen machen.
Als unmittelbare Nachbarn und später als Untertanen des aufblühenden Klosters Zwiefalten benutzten die Mörsinger wohl auch die Gelegenheit, von außen einen Blick zu erhaschen auf die Klosteranlage, ihre Bewohner und die Kirche. Öffentliche Gottesdienste und Prozessionen mit den heilbringenden Reliquien, dazu die vorbildlichen Anlagen einer autakren Versorgung mit Mühlen, Wasser, Apotheke, Spital und Schule erregten ihre Bewunderung.

Der schon genannte Heinrich von Suppingen, weitgereist und Weltpriester in Mörsingen, konnte seinen Pfarrkindern hilfreich sein beim Erwerb einer neuen Weltsicht, was den Orient betraf. Die Kreuzzüge hatten zutage geförsert, dass Kultur, Kunst, Wissenschaften, Hygiene und Verfeinerung der Lebensweise einen bedeutenden Stellenwert im heidnischen Raum hatten. In der christlichen Ausprägung wurden sie auch in Zwiefalten gepflegt.

Vor dem Kloster Zwiefalten waren Anselm von Justingen und sein Vetter Grundherrn von Mörsingen geworden. Der Name Justingen hatte einen guten und bekannten Klang im Reich. Anselm von Justigen und Heinrich von Neuffen hatten Friedrich II. vor der Kaiserwahl aus Italien herbeigeholt. Friedrich siegte gegen Otto IV. und ernannten Anselm von Justingen zum Reichsmarschall an seinem Hof. Allerdings zerbrach diese enge Bindung, als Friedrichs Sohn Heinrich VII. einen Aufruhr gegen seinen Vater anzettelte. Dabei gewann er Anselm und Heinrich von Neuffen für seine Sache, unterlag seinem Vater aber. Anselm von Justingen floh nach Österreich, die kaiserlichen Truppen belagerten und zerstörten sein Stammschloss 1246. Der von Neuffen wurde gefangen genommen.
Mit ihrem früheren Gönner, Kaiser Friedrich II., erscheint ein wirklich Großer auf unserem Tableau: Sein Beiname „stupor mundi“ hat zwei Bedeutungen. Man kann ihn als das „Staunen der Welt“ oder als das „Entsetzen der Welt“ deuten, je nach der Parteien Gunst. Seine Unvoreingenommenheit, seine wissenschaftlichen Interessen, auch seine politischen Handlungsweisen machen ihn zum frühen Aufklärer.
Als deutscher Kaiser vernachlässigte er allerdings seine zentralen Aufgaben im Reich, denn seine Aufenthalte dort glichen eher kurzern Gastspielen.

Der Teutschbuch – MÖRSINGEN und sein Wald

Welch wichtige Rolle die Bewalderung unserer Erde in klimatischer und ökologischer Hinsicht spielt, weiß jeder.
Wer im frühen Mittelalter im oder auf dem Teutschbuch siedelte, den bewegten andere Überlegungen. Der nage Wald konnte viele seiner Bedürfnisse stillen: Er holte Bauholz für Haus und Stall und sicherte sich gegen Witterung und Überfälle; er holte Brennholz für Heizung und Herdfeuer und sicherte sich gegen Kälte, er konnte backen und kochen und räuchern; er holte Holz als Werkstoff für Möbel und landwirtschaftliche Geräte; er holte harzige Kienspäne und erleuchtete die Dunkelheit; aus Holz baute er Flöße und Boote; er fügte Holzdauben zu Fässern zusammen und stellte Wagen und Räder her. Den Wald in seiner Ganzheit nützte er als Waldweide, trockenes Laub als Streu, frisches als Viehfutter, Eicheln zu Schweisemast und Bucheckern zur Ölgewinnung; Nüsse, Pilze, Beeren und Wildfrüchte zur Nahrungsergänzung; Rinderbast und Weidengerten als Bindematerial, zum Flechten oder zu textilen Verarbeitung; Kräuter ergaben Arzneien. Der Wald war sein Jagdrevier, in dem er eiweißreiche Nahrung erlegte, der Wald lieferte die Energie für hochwertigen Brennstoff zur Erzschmelze, Glasherstellung und zum Schmieden, Aschenbrenner stellten Pottasche und Köhler die Holzkohle her, die Töpfer brannten Keramik.
Der Wald war für Neuordnungen Platzreservoir, er war Wassersammler mit Quellen und Schattenspender.
Wollten wir uns heute all dieser Funktionen bedienen, wäre längst kein Baum mehr übrig. Die Chemie konnte durch die Erfindeung von Kunststoffen den Holzverbrauch reduzieren. Dies geschah ebenfalls durch die Verwendung fossiler Energieträger wie Kohle, Erdöl und Erdgas. Solar- und Windenergie entlasten diese nicht erneuerbaren Energien.

Nachbarschaftsstreit

Die Siedlungsdichte im Frühmittelalter schätzt man auf mehr als zwei Personen auf einem Quadratkilometer. Dies veränderte sich nach der Ausbauzeit und noch später rapide, und zwar steil nach oben.
Die inzwischen fest installierten Siedlungen nutzten den Wald wie bisher; es kam zu Reibereien und Übergriffen zwischen Nachbarn. Mörsingen nutzte den Teutschbuch mit den Anliegern Pflummern, Grüningen, Daugendorf, Zwiefaltendorf und Baach, den Klosterort, Bechingen und Zell. Erst die Einsicht, dass Raub- und Übernutzung des Waldes zur Zerstörung führen, hatte 1614 eine genaue Aufteilung und Abgrenzung der Nutzungsgebiete durch Markungsbeschreibungen, Grenzsteine und Einzelregelungen zur Folge, die Abhilfe schafften.

Vom Allgemeineigentum Wald zur Grundherrschaft

Auch in der Waldwirtschaft hielten sich die Franken für berechtigt, ihr eigenes politisches Rezept der Grundherrschaft und das damit verbundene Lehenswesen den Alamannen überzustülpen. Große, bisher herrenlose Waldgebiete wurden Königsgut zugeschlagen. Die Grundherrschaft legte ihre Hand auf Grund und Boden, Güter und Gebäude, und stellte alles unter ihren Schutz. Eine Bewirtschaftung all dieser Werte ohne Mitwirkung der alten Besitzer war aber nicht möglich. So gab es eine Neuverleihung. Durch Gült- und Abgabenverpflichtung mussten sie alten, jetzt neuen Inhaber die Verleihung und den Schutz wahrhaft fürstlich bezahlen. Wieder wurde das Königsgut dazu benützt, Adlige zur Gefolgschaft zu bewegen und zur Verteidigungsbereitschaft. Oft bos zur Säkularisation und länger verblieben diese Waldgebiete in der gleichen Hand und dienten als riesige Jagdreviere.
Das Recht der Einforstung wurde auch auf die gemeinsam von den Siedlungen bewirtschafteten Allmend-Waldungen angewandt. Die bisherigen üblichen Holznutzungen wurden zu Holzberechtigungen. Wo bisher eine Dorfgemeinschaft aus arbeitsökonomischen Gründen gut daran getan hatte, gemeinsam zu wirtschaften, da bekam auch sie ihr Gemeineigentum in Form von Lehen zurück, musste dieses bearbeiten und als Gegenleistung stand ihr dann aus dem jetzt herrschaftlichen Wald Bau-, Brenn- und Nutzholz zu, abhängig von Betriebs- und Familiengröße. Auch die Klöster waren Grundherren, von Gründern und Stiftern reich beschenkt. Zum Teil waren die zu den Gütern gehörenden Bauern schon vor der Schenkung Abhängige, zum Teil waren die zu den Gütern gehörenden Bauern schon vor der Schenkung Abhängige, zum Teil wurden sie es mit der Übernahme.

Im Falle Mörsingen ging die Grundherrschaft von Justingen auf das Kloster Zwiefalten im Jahre 1290 über.

Ein Markt auf dem Teutschbuch

In Mörsingen gibt es eine Marktgasse. Man könnte denken, dass dahinter eher der Name „Mark“ im Sinne von „Grenze“ steht. Auf Nachfrage wurde mir aber von Mörsingern verischert, dass es wirklich die Marktgasse sei.
Im Verlauf meiner Vorbereitungen für den heutigen Abend stieß ich sowohl in Michel Bucks Buch „Der Bussen und seine Umgebung“ als auch in der Oberamtsbeschreibung von Münsingen aus dem JAhre 1912 auf einen Vermerk, der eine Erklärung für diese Namensgebung sein könnte. Unter Kap. 8, S. 91 erzählt Buck, wie der österreichische Herzog Friedrich Schirmherr des Klosters Zwiefalten wurde. Das ging so zu: Das Kloster hatte von der Stadt Riedlingen die Erlaubnis bekommen, dorf ein Haus zu erwerben, frei von allen bürgerlichen Lasten. Die Riedlinger erlaubten sich dann, Leibeigene des Klosters in ihr Bürgerrecht aufzunhemen, denn nach einem Jahr Aufenthalt in der Stadt machte „Stadtluft frei“. Riedlingen war schon damals eine bekannte Marktstadt, vor allem im Frucht- und Viehhandel. Der zornige Abt wollte die Riedlinger da treffen, wo sie empfindlich waren, und eröffnete kurzerhand 1305 auf dem Teutschbuch einen Vieh- und Fruchtmarkt. Die selbstbewussten Riedlinger zogen darauf bewaffnet vor das Kloster, zündeten außerhalb der Mauer ein Haus an, verwundeten ein paar Priester und „taten viel Böses mit Worten und Werken“. Da die Konkurrenz mitten im Wald nicht ernst gemeint sein konnte, vertrugen die Gegner sich aber wieder. (Die Wahrheit dieser Episode ist nicht verbürgt!)
Nach der Versöhnung übernahm Österreich die Schirmherrschaft über das Kloster für 250 Jahre. (Quelle nach Buck: Crusus 1, 879). Die sogenannte Marktgasse ist eine Verlängerung der direkten Straße von Zwiefalten, die nach Mörsingen führt, ein kleines Stück durch das Unterdorf und dann geradeaus auf den Teutschbuch in Richtung Grüningen.

MÖRSINGEN – ein Paradies für Fossilienfreunde

Im Zusammenhang mit dem Schwäbischen Jura nimmt der Teutschbuch, oder früher Tautschbuch, eine Sonderstellung ein.
Der Rißeiszeitgletscher hatte im Bereich des Tautschbuches seine größte Ausdehnung nach Norden erreicht und sogar das Donaubett überschritten. Das gleiche gilt jenseits des Achtales für den Emerberg. Beide Erhebungen waren nach dem Rückzug des Gletschers von Süßwassermolasse bedeckt. Das Mörsinger Gebiet lässt in deinen weich gerundeten Formen die Ausfüllung eines Beckens mit diesem weicheren Material erkennen. Aus Kalken, Sanden und fetten Tonen bestehend, verhindert es hier die harten und schroffen Juraformen.
Mörsingen war im 19. Jahrhundert eine bekannte Fundstelle für ausgeprägt schöne, fossile Exemplare verschiedener Schneckenarten, welche als LEitfossilien dank ihrer zarten und deutlichen Zeichnung von Sammlern begehrt waren. Im Steinbruch hinter dem Pfarrhof und in der Nähe des Teutschhofes wurden bestens erhaltete Stücke von Melania und Helix Sylvana gefunden.
Auch das Vorkommen von Bohnerz ist bei dieser Bodenbeschaffenheit häufig.
Das albtypische Versickern von Wasser verhindern die fetten Tone, do dass Mörsingen nicht unter Wasserknappheit litt wie viele Albdörfer.
(Quelle: Beschreibung des Oberamts Münsingen, 1912, S. 14)

Die Einbindung MÖRSINGENS in die Klosterherrschaft

Der Klosterbesitz war ein Wirtschaftsunternehmen, das möglichst kostengünstig und nutzbringend verwaltet werden wollte. So vereinheitlichte man den Umfang von Lehenhöfe planmäßig auf zweu Größen, 18 oder 36 Jauchert. Diese erleichterte die Kontrolle und das Einsammeln von Gütern und Abgaben, die in Naturalien erfolgten. Der Maier dürfte als Mittelsmann zwischen Grundherrschaft und Bauern eine wichtige Rolle gespielt haben. Seine örtlichen Detailkenntnisse waren unersetzlich, und seine rechtliche Gesinnung vorausgesetzt, konnte er allen von großem Nutzen sein.

Mörsingen bestant im Juli 15. Jhdt. mit den geteilten MAierhöfen aus neun Bauernhöfen, 1551 kamen zwei Seldner dazu. Diese hatten zwar ein kleines Grundstück mit Haus, aber keinen Hof zu bewirtschaften. Mit HAndweksarbeiten, im Tagelohn und dem Anbau eines Gartengrundstücks versuchten sie sich durchzubringen. 1608 kam eine Kirchenselde dazu, sicher für den Mesner, zu dessen Aufgaben auch das Läuten bei Gefahr, Bränden und Überfällen gehörte.
Bis 1752 bleiben die Hofgüter konstant, dagegen schwankt die Zahl der Selden zwischen eins und drei („Seldner“ kommt von Mittelhochdeutsch „selida“ = Wohnstätte).
Die Notwendigkeit einer Rodung im Teutschbuch weist auf die schlechte Lage hin. Obwohl danach jeder Bauer 10 bis 15 Jauchert Äcker mehr hatte, wurde eine Übereinkunft nötig und 1608 vom Kloster bewilligt, dass die normale Gültabgabe von einerm Viertel des Fruchtertrags auf ein Fünftel, und für die neuen Äcker auf ein Sechstel reduziert werden sollte. Eine erneute Zuordnung im 19. Jhdt. beweist die angespannte Lage.
Im 18 Jhdt. werden alle Güter als Fall-Legen bezeichnet, darunter drei Gütlein. Das bedeutet, dass beim Tod des Inhabers das Lehen heim ans Kloster fiel, die Erben das beste Stück Vieh und das beste Kleidungsstück an das Kloster geben mussten, dieses aber in der Neubeleihung völlig frei war.
Die Höfe wurden auch nciht mehr nach Inhabern, sondern nach Heiligen benannt. 1782 gab es 10 Höfe und fünf Gütlein.
Die Praxis der Fall-Lehenvergabe verhinderte so jede Verbesserung und Anstrengung in der Wirtschaftsführung, da unsicher war, wem sie zugute kommen würde. Teilweise wurde sie deshalb in Erb-Lehenvergabe geändert.
Die Untertanen waren auch zu kostenlosen Frondiensten verpflichtet:
8 Tage Ackergehen (Pflügen), je einen Tag Garben-, Dung- und Holzfahren, zwei Klafter Holz machen, einen Tag Habermähen und 3 gewöhnliche Handfronen.

1599 waren dazu verpflichtet: 10 Holzhauer, 10 Schnitter, 10 Heurinnen, 10 Haberrecher, 9 Garbenfahrer und 10 Pflüger. Für Fuhren gab es nichts, sonst „geschmalzten Brei und Brot.“

Ab dem 15. Jhdt. war in Ansätzen eine bürgerschaftliche Vertretung festzustellen. Schultheiß und „Gericht“, heute Gemeinderat, übten in strittigen Fällen eine Art von niederer Gerichtsbarkeit und Schlichtung aus, die aber immerhin Selbstverwaltung ausdrückte.

Ab dem 17. Jhdt. repräsentierte die „Zwiefalter Landschaft“, ein vierköpfiger Ausschuss, die Belange der Klosterorte im Kloster. Darin war des öfteren auch der Mörsinger Schutheiß vertreten.
Später trat ihm ein Bürgermeister zur Seite für die kameralistischen Aufgaben, zwei Heiligenpfleger für die Almosenverwaltung und zwei „Untergänger“, die verantwortlich waren für Marksteinsetzung und Grenzeinhaltung.

Ein angestellter Hirte sorgte dafür, dass keine unerlaubte Beweidung stattfand.

Als Schultheißen sind namentlich genannt:

1523, 1549Martin Hürninger
1555, 1564Hans Münch (Minnck)
1592Marx Reyhing 65 Jahre alt
1603
1607Marx / Marte Reihing
1622

Die Gemeinde zählte zu ihrem Vermögen ein Hirtenhaus und 12 Jauchert „gemeine Vorratsäcker“, auch als Allmende bezeichnet. Die Aufteilung der Waldnutzung unter die verschiedenen Gemeinden wurden schon erwähnt.
Als Beispiel der straffen Verwaltung in den Klosterorten sei hier ein Weidbrief der Reichsprälatischen Oberamtskanzlei vom 10. Juni 1780 angeführt.
Die Urkunde spricht inhaltlich für sich selbst und informiert auch darüber, welche Familiennamen damals vorkamen, sowie mit welchen Heiligennamen die Höfe offiziell benannt wurden.

„Weidbriefe für das Dorf Mörsignen“

„Kund und zu wissen sey hiermit Männiglich:
demnach man von Oberkeitswegen zu fortwährigen Eintracht und Wohlfahrt sowohl in Hinsicht der Mayern, als Söldnern zu Mörsingen einen förmlichen Weidbrief zu Verfassen für nötig erachtet, zu dem Ende auch von ihnen selbst einen (dazu?) passen mögenden Entwurf anverlangt, und selben sofort nach dem Stäuerfuß bey jeem Bauern insonderheit abgemessen, bey denen Söldnern aber auch ihre darmalen Besitzende Güter das Augenmerk gerichtet; Als hat es such aus solchen – diesem Gegenstande angemessensten Maaßregeln – ergeben und wird hiermit in Verfolg derselben oberheitlichen Verordnet und festgesetzt, dass, sowie es dahier allförderst die Bauern oder Mayer betrifft,

Weidstück (Vieh)
S. AntoniusAntonie Unmuth zu13
S. BenedictusBenedickt Fischer zu13
S. BlasiusBlasius Arnold, Schultheiß zu12
S. GeorgiusJohann Georg Ott zu13
S. JacobusFidelis Schneider zu13
S. JoanesJohann Reyhing zu13
S. JosephusMathäus Sautter zu12
S. MartinJo. Georg Hörder12
S. MichaelMichael Arnold zu12
S. NicolausJoseph Münch gleichfalls zu12

unentgeldlich auf die Weide zu schlagen, berechtigt seyn, und bleiben sollen, und zwar mit der weiteren Bewilligung, dass gedachte bauern, und Mayer mit Roß, Stier, Kühe, oder Boschen, als welche 4 Gattungen dahier in einer Summa angesetzt und ausgeworfen stehen, nach ihrem besseren Nutzen abwechseln und die bestimmte Zahl erfüllen mögen, so, wie ihnen, den Bauern, das Austreiben der zur Nachzucht benötigten Kälber bis auf den Herbst nicht verwehrt, sondern vielmehr gestattet seyn soll, dass jeder 1 KAlbel und ein Fülle, bis sie zweijährig werden, nebst obigen 4 Gattungen, unter der Herde laufen laßen darf. Ferner ist auch jeder Bauer befugt, 2 Schaf unentgeldlich auszuschlagen. Betrefend nun die Söldner allda, so soll

S. SebastianAntoni Maurer2 Kühe, 1 Boschen,
S. ThomasVincenz Fuchsloch1 Kuh, 1 Gaiß
S. WendelinJoseph Münch1 Kuh, 1 Gaiß
S. DismasJohann Arnold2 Kühe

Zu halten, und ebenfalls unentgeltlich auf die Weide zu schlafen berechtigt seyn. und daneben die Erlaubniß haben, daß jeder ein zur Nachzucht nöthiges Kälble bis auf den Herbst, und 1 Schaf ohne Weidgelderstattung auslassen kan und mag. Und so sich

S. GallusJo. Georg Arnold

um einen Weidplatz beworbt, kann ihm auch, wie bei S. Thomas und S. Wendelin, 1 Kuh und eine Gaiß bewilliget werden.
Denen Pfründern ist jedem 1 Kuh, und Beyden Hirten jedem 2 Gaißen zu halten, und wie öfters gedacht, unentgeltlich auf die Weide zu lassen erlaubt.

Und solchergestalt soll es nun bey dieser Verordnung sein durchgängiges Verbleiben haben, bis von Oberkeitswegen ain andres verfüget wird, als welche sich andurch ausdrücklich vorbehält, selber nach vorfallenden Umständen und Ursachen zu mehren oder zu mindern.

Zu Urkund alle dessen ist gegenwärtiger Weidbrief mit allhiesigem Kanzleyinsiegel bekräftiget worden; so erhoben Zwifalten den 10ten Juny 1780.“

„Reichsprälatische Oberamtskanzley allhier“

Man könnte feststellen, dass die obrigkeitliche Rgelung bis zur letzten Geiß geht, gleichzeitig aber auch, wie ärmlich es zugegangen wein mag, wenn jeder Graswisch indirekt der Besteuerung unterlag. Es sind auch durchaus soziale Differenzierungen gestzustellen, wenn Pfründner, Hirten und die „Söldner“ ihre Tiere unentgeltlich mit den Hirten auf die Weide lassen durften. Von ihnen konnte man wegen Armut keine Steuern erheben. Dass man von „Obrigkeitswegen“ auf „Eintracht und Wohlfahrt“ bedacht war, diente sowohl den Untertanen als auch der Herrschaft.
Das Dokument ist auch ein Zeugnis, welchen Stellenwert im Laufe der Zeit das bürokratische Schreibwesen einnahm, wie servil gegenüber der Herrschaft die Sprache klang, und wie herablassend gegenüber den Bauern und „Söldnern“. Die Sucht nach Vornehmheit und die Gebildetheit ließ in den Schriftstücken aus „Mersingen“, „Upflummern“ und „Seldnern“ die Schreibweise „Mörsingen“, „Upflamör“ und „Söldner“ werden. Mit bezahlten Kriegsknechten hatten diese allerdings wenig gemein.
Da der ganze Schriftverkehr mit Gesuchen, Bitten und drgl. durch Schreiberhände ging und der Erfolg wesentlich von ihrer Darstellung abhing, übten sie großen Einfluss aus.

„Unter dem Krummstab ist gut leben …“

Dass dieses geflügelte Wort seine Berechtigung hat, zeigt der Vergleich von geistlichen und weltlichen Grundherrschaften. Es war seit dem Investiturstreit im 11. Jhdt. immer wieder erneut zu Reformversuchen gekommen, die benediktinischen Grundregeln dauerhaft neu zu beleben, weil deren Beachtung genau so regelmäßig abflachte. Franz von Assisi hatte den Bettelorden ins Leben gerufen, weil er die Forderung nach Armut ernst nahm. Gerechterweise muss man sagen, wären ihm alle Klöster gefolgt, die Entwicklung und das Aufblühen von Bildung, Kultur, Baukunst und aller im musischen und auch technischen Bereich angesiedelten Künste wären so nicht erfolgt. Eremiten und Asketen konnten in der Wüste leben, im Abendland waren die Klöster Gemeinschaften, für deren auch materielles Wohl er Abt neben allen anderen Zielsetzungen verantwortlich war. Klöster und Äbten ar ihr Verhaltensmuster vorgeschrieben, un zumindest nach außen konnten sie ein gewisses Minimum in einem Leben der Nachfolge Christi und seiner Lehren nicht unterschreiten. Als gebildete Geistliche, die zum Teil Reichsfürsten waren, waren sie auch im Umgang mit Mach erfahren. So blieb richtiges Verhalten eine Sache des richtigen Maßes und der Besonnenheit. Da Konvente nicht aus Engeln, sondern aus Menschen bestehen, mussten sie auch Führungsqualitäten, Welt- und Menschenkenntnis haben.
Alles in allem, was das Leben unter dem Krummstab betrifft und verglichen mit anderen Herrschaftsverhältnissen, kann man unsere Überschrift bejahen.

Das Kloster in unmittelbarer Nachbarschaft bot jedenfalls auch für die Mörsinger Möglichkeiten, ihre Anschauungsweise und das Bewusstsein um bisher unbekannte Bereich zu erweitern. Um der Rettung ihres Seelenheils und der Fürbitten von Nonnen und Mönchen willen hatten Gründer und viele Stifter aus dem schwäbischen Adel und Hochadel beträchtliche Güter geschenkt und verbrachten das Ende ihrer Lebenszeit in den Klostermauern. Dort auf geweihtem Boden ließen sie sich auch begraben. Die Orientierung und Zielsuche dieser Schicht im Spirituellen hatte auch Wirkung auf die Klosteruntertanen. Die Bemühungen um das Bildungswesen, der Ausbau einer reichhaltigen Bibliothek, das Wissen um das Können der Mönche in schirftlicher und künstlerischer Form, auch musikalisch und darstellend, bereicherten ihre Vorstellungen. Auch landschaftlich gab es klösterliche Hilfe und Anregungen. Die beeindruckende bauliche Anlage hatte sowohl in der gründerzeitlichen wie in der barocken Ausprägung die Wirkung, dass auch die Untertanen an diesem Lebensgefühl teilnahmen und sich mit dem Kloster identifizieren.
Es liegt in der Natur der Sache, dass weltliche Grundherrschafften sich mehr um den Erwerb, die Sicherung und Ausweitung ihrer Güter und damit um Macht kümmerten. Der individuelle Umgang mit ihren Untertanen mag je nach ihrer Wesensart durchaus gerecht und angemessen gewesen sein. Aber auch das Gegenteil war möglich, und dann war der Willkür keine Genze gesetzt. Die schrecklichen Folgen hochfahrenden und unbarmherzigen Verhaltens erlebten diese Herren in der Zeit der Bauernaufstände, in denen oft auch keine Unterschiede mehr zwischen Klöstern und Adelsburgen gemacht wurden.

MÖRSINGEN und seine Kirche

Die erste schriftliche Nachricht von Merigisingen betrifft, wie kannt, 904 die Rückgabe von entzogenen Gütern an den Priester Isanrich, unter Vorbehalt und nur zu Nutzung; die Eigentumsrechte waren an Kloster Reichenau übertragen worden.
Zu jener Zeit bauten die christlichen fränkischen Adligen eigene Kirchen und besetzten sie selbst mit Priestern, versorgten diese durch Pfründen und behielten naben der päpstlichen Oberhoheit in der Praxis die Verfügungsgewalt über Priester und Kirche. Über ein Netz solcher Stützpunkte und ihrer Verflechtung sollte das Christentum flächendeckend und wirkungsvoll verbreitet und gefestigt werden. Es bleibt dabei offen, ob Isanrich nut in Zwiefalten in der Leutekirche Gottesdienst hielt, oder ob er auch Gauingen und Mörsignen versorgte, wo er viel uns sechs Güter neben den beiden in Zwiefalten besaß.
In der nächsten Nachricht, 200 Jahre später, geht es um den schon genannten Heinrich von Suppingen, der vor 1208 Weltpriester in Mörsingen gewesen war.
Er ist als Eigentümer der Pfarrei aufgeführt, nachdem er vorher „das Meer überschifft“ und die Gräber der Heiligen Petrus und Jacobus und anderer besucht hatte. Danach lebte er im Kloster Marchtal „in großer Strenge gegen seine sterblichen Hülle“, wurde 1208 von den Brüdern zum sechsten Probst gewählt und legte sein Amt gegen den Willen aller Untergebenen 1209 scho nieder, „weil er nicht alles nach Wunsch ordnen konnte“.
Er fuhr nochmals übers Meer, wirder aber im Heiligen Land in der Hafenstadt Akkon von einer Krankheit überfallen und starb. In Akkon ist er auch begraben.
(Quelle: „Aus der Geschichte des Klosters Marchtal“, S. 82)

1275 gehörte die Mörsinger Kirche zum Dekanat Hayingen. Während der beabsichtigten Prüfung des „liber decimationes“, einer päpstlichen Steuerliste, fand man das Dorf verlassen und verödet, ohne Kirchherr und Pfarrkinder vor.
1360/70 sind Huldstetten, Upflamör und Sonderbuch je als Filial von Mörsingen verzeichnet. Irrtümlich, vermutet die Kreisbeschreibung RT von 1997.
Eine Möglichkeit wäre, dass man das seit 1275 erst sich langsam wieder besiedelnde Mörsingen unterstützen und das Vakuum füllen wollte durch die kirchliche Zusammenarbeit mit den drei Filialen. Alle drei sind davor als nach Zwiefalten eingepfarrt vermerkt. So könnte wohl auf zentrale Weisung den wenigen Pfarrkindern in Mörsingen geholfen worden sein, indem man die drei Filialen sozusagen als „Brückenmaßnahme“ „um“pfarrte.
Der Filial-Vermerk erscheint in der Ortsliteratur für alle vier Gemeinden mit dem gleichangegebenen Zeitraum.
1493 wird der Abt von Zwiefalten als „Oder- und recht Kirchherr“ bezeichnet, nachdem 1430 der Kirchenpatron Gallus erstmals schriftlich auftaucht.
1497 wurde die Kirche in Mörsingen vom Kloster aus versorgt, nach rund 200 JAhren Zugehörigkeit zu Zwiefalten. Die vollkommene Inkorporation ist schriftlich 1508 erstmals erwähnt.
1549 tauchten noch zwei örtliche Heiligenpfleger auf, doch in der Folge gehen mehr und mehr pfarrliche Rechte an die Klosterkirche über.
Trauungen und Taufen waren in Zwiefalten zu halten, er war kein Taufstein mehr vorhanden. Nur Begräbnisse konnten noch auf dem heimatlichen Gottesacker stattfinden. Die verbliebenen Aufgaben für den Priester wurden einem Angehörigen des Zwiefalter Konvents übertragen.
Mörsingens Kirche wurde oft um- und ausgebaut. 1474 bekam sie einen neuen Chor und einen neuen Altar, der Maria, Barbara, Margarehte und Antonius geweiht war. Aus diesem Anlass wurde den Gläubigen ein 40-tägiger Ablass verliehen.
1528 erweist sich die Kirche insgesamt als ziemlich renovierungsbedürftig, aus Konstanz kommt die Erlaubnis zum Umbau. Dieser war wohl mangelhaft und 1605 wurde die Kirche in großen Teilen niedergerissen. Mit Chor, drei Altären und einem Innenraum, der gotisierende Elemente aufweist, wurde die neue Kirche samt ummauertem Friedhof eingeweiht. Die Kirche hatte zwei Glocken, eine vierregistige Orgel, verfügte aber über keine Turmuhr, als das Klsoter Zwiefalten 1803 an Württemberg überging.
In ihre südliche Längsfrint ist nach dem 2. Weltkrieg eine beeindruckende, zeitlos schöne Mahnung zum Frieden durch einen kreutförmig gespatenen Quader als Erinnerung an die Gefallenen eingelassen worden. Der Name der Bildhauerin ist Maria Stapp.
Eine Marienkabelle an der Straße nach Pflummern, die heite durch die Straßenverlegung mitten im Grünen steht, ist nach der Zerstörung ihrer Vorgängerin im 30-jährigen Krieg von der Bevölkerung als kleiner, roter Ziegelbau wieder errichtet wirden, unter Übernahme aller Kosten durch Mörsingen selbst. Diese Bedingung machte der Abt für sein Einverständnis zu dieser Maßnahme. Es handelt sich um die schon einmal angeführte „Aisenkapelle“.
Ein klösterlicher Bau war auch die Zehntscheuer, in der die Abgaben an das Kloster, der Groß- und Kleinzehnt, gesammelt und eingelagert wurden.

Schlechte Zeiten – Vom Spätmittelalter in die Neuzeit

Als Bauern waren die Mörsinger von landwirtschaftlichen un klimatischen Katastrophen besonders betroffen.
1335 wurde die Ernte fast gänzlich durch einfallende Heuschrecken vernichtet in Süddeutschland.
Diese Katastrophe empfand man als göttliche Fügung und Strafe für sündhaftes Tun, und später als Verbote der großen Pestzeit, die 1348/49 25% der Bevölkerung auslöschte. Die Art der Übertragung dieser Krankheit durch Flöhe und Ratten war unbekannt. Weltuntergangsstimmung griff um sich, die einerseits Exzesse, andererseits die Geißlerzüge auslöste. Das Bewusstsein der ständigen Nähe des Todes veränderte die Weltsicht. „Man lebt nur einmal!“ stand gegen das Motto „Rettet eure Seelen!“. Die Schuldzuweisung der Brunnenvergiftung in diesem Zusammenhang führte zu ausgedehnten Judenverfolgungen.
Welch privaten Tragödien sich hinter der trockenen Angabe von 25% Pesttoten auch in Mörsingen verbergen, können wir nicht ahnen.
All diese Übel, Kindersterben oder auftretende Viehseuchen, verunsicherten die Menschen immer mehr. Gott was gültig, sie selbst schuldlos – also musste jemand anders schuldig sein. Misstrauen griff um sich, jedes von der Norm abweichende Verhalten oder Aussehen wurde registriert und als Zeichen übernatürlicher oder teuflischer Kräfte gedeutet und geglaubt.
Noch unheilvoller als die Pest, begann die Zeit der Hexenanklagen, -prozesse und -verbrennungen. Im „Hexenhammer“, einem 1487 erschienen Buch, wurden die sadistischen Methoden, mit denen man Geständnisse durch Foltern erpresste, bis ins einzelne begründet, erlöutert und gerechtfertigt. Unlingen, Obermarchtal, Saulgau und Trochtelfingen erlangten durch ihren Anklageeifer traurige Berühmtheit.
Aus Zwiefalter Klsotegebeit wird von fünf Anklagen und Hinrichtungen nach dem Prozess in Urach berichtet, was bei der Größe und der Siedlungsanzahl gering erscheint, jedoch durch die Grausamkeit des Mordes an Unschuldigen nicht relativ gesehen werden kann. (Quelle: „Kloster Zwiefalten“ Süddeutsche Verlagsgesellschaft 1986, S. 44)
Um 1500 drängten die Menschen scharenweise vom Land in die Städte. Das „Heilige Römische Reich Deutscher Nation“ glich einem Flickenteppich: 7 Kurfürstentümer, 115 große kirchliche und weltliche Fürstentümer, 100 Grafschaften, freie Städte und unabhängige Rittersitze buhlten um Einfluss, Macht und die dazugehörige materiellen Mittel. Bei so viel Zersplitterung der Herrschaften steigen die Lasten für die abgabepflichtige Bevölkerung ins fast Unerträgliche. Handel und Verkehr waren von zahlreichen Kontrollen und damit verbundenen Vorschriften beeinträchtigt.
1492 wurde Amerika von Kolumbus entdeckt. Damit weitete sich der Horizont. Eine neue Zeit begann, als Gutenberg die Vervielfältigung von Informationen durch die Erfindung des Buchdrucks gegen Ende des 15. Jhdts. möglich machte.

Reformation, Bauernkrieg und Dreißigjähriger Krieg

Der Werdegang Luthers ist hinlänglich bekannt. 1420 schon hatte es einen Bauernaufstand im Südwesten bei Rottweil gegeben. Luthers Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ fand begeisterte Aufnahme, sahen die Bauern darin doch eine Verstärkung ihrer eigenen Forderungen. Sie wollten die alten Rechte wiederhaben, die durch das inzwischen geltende römische Recht immer mehr beschnitten wurden. In 12 Artikeln fassten sie ihre Forderungen zusamen, die ungehört verhallten, was 1525/26 zum Bauernkrieg führte.
Die gemäßigten Ansprüche der meisten von ihnen, ihre Verhandlungsbereitschaft und ihr guter Wille, firedlich ihr Ziel zu erreichen, sind nicht zu bestreiten.
Der bekannte Ausgang des Bauernkrieges mit insgesamt 300.000 Toten zeigt aber die Machtlosigkeit von guten Argumenten, wenn keine Durchsetzungskraft dahinter steht.
Gegen den Schwäbischen Bund mit seinem Feldherrn Georg, Truchsess von Waldburg, später „Bauernjörg“ genannt, und dessen gut ausgebildete und organisierte Streitkräfte hatten die zusammengeströmten Bauernhaufen keine Chance. Martin Luther wollte die Wirkung seiner Schrift nicht als Rechtfertigung für den Aufstand verstanden wissen. Er zog sich auf die religiöse Freiheit der Christenmenschen zurück, während man im Irdischen „dem Kaiser geben solle, was des Kaisers ist“.
Gegen Ende des Bauernkriegs soll sich ein Haufen der Aufständischen von 12.000 Mann auf dem Teutschbuch bei Mörsingen versammelt haben. In Eilmörschen zog der Truchsess von Waldburg von Ulm her, um die Bedrohung und Plünderung von Kloster Zwiefalten abzuwehren.
Als er aber ankam, hatte der Überfall schon stattgefunden. Er verfolgte die Bauern unter ihrem Anrührer Raiser, einem ehemaligen Klosteruntertanen aus Baach, in Richtung Tigerfeld. In der Nähe der „Sattlerkapelle“ sollen sie gestellt und besiegt worden sein. Diese „Schlacht von Tigerfeld“ wührte im 20. Jhdt. zum Anbringen einer Gedenktafel, deren historischer Wahrheitsgehalt in neuerer Zeit kritisch gesehen wird.
An der Lage der Bauern hatte sich außer den enormen Verlusten nicht viel verändert.
1565 gelangte die Kartoffel von Amerika nach Europa, blieb jedoch lange Zeit in ihrer Bedeutung als Volksnahrungsmittel unerkannt. Erst 200 Jahre später wurde sie auch auf der Alb und damit in Mörsingen erfolgreich angebaut und für Menschen und Tier als Nahrungs- und Futtermittel eingesetzt.
Erst vierzehn Jahre nach einem Beginn trat der schreckliche Krieg, der von 1618 – 1648 dauern sollte, in unserem Gebiet greifbar in Erscheinung. Nach zwei schlechten Erntejahren mit Teuerung und wieder aufflammenden Pestwellen zog ein kaiserliches Heer über Zwiefalten un Münsingen nach Reutlingen. Viele der naheliegenden Dörfer wurden geplündert. Da sie unbefestigt waren, gab es keinen Schutz gegen die marodierenden Soldatenl. Die Fronten verwischten sich nach kurzer Zeit, und „der Krieg musste den Krieg ernähren“. Ohne Zugvieh blieben die Felder unbearbeitet. Hungersnöte brachen aus, die Truppen verrohten und verwilderten. Die überlebende Bevölkerung schmolz immer mehr dahin, weil die streunenden Soldaten und ihr Tross Krankheiten einschleppten. Von Mörsingen haben wir die Nachricht, dass die Marienkapelle zu dieser Zeit zerstört wurde. Aber dank der versteckten Lage, fern von den Hauptstraßen, hatte es vielleicht nicht so häufig feindliche Überfälle zu erleiden.
Nach Schätzungen überlebten diese schrecklicken Jahre nur acht Millionen der deutschen Bevölkerung, die zu Beginn etwa 20 Millionen betragen hatte.
Durch die Verluste an Arbeitskräften fielen im Südwesten überall kleine Siedlungen „wüst“, d.h., sie verödeten und wurden aufgegeben. Nur Markungsnamen deuten auf ihre ehemalige Existens hin.
Erst langsam füllten sich die entstandenen Lücken durch den Zuzug von Menschen aus Tirol, Vorarlberg und der Schweiz wieder auf.

Der Teutschhof auf dem Teutschbuch

Wie schon einmal erwähnt wurde, schrien mand ie Nutzungsrechte für den Teutschbuch anfangs des 17.Jhdts. in allen Einzelheiten zwischen den beteiligten Anliegergemeinden fest. Wer heite von Mörsingen nach Pflummern fährt, passiert links die Straße eine Rodungsinsel kurz vor dem Anstieg „Lehle“ und der Hochfläche der anschließenden Pflummerner Gemarkung.
Diese Rodungsinsel legte 1723 der Freiherr von Schütz als Grundherr an. Er erwarb von Kloster Zwiefalten zusätzlich zu seinen 30 JAuchert Wirschaftsland im Jahr 1729 weitere 50 Jauchert auf Mörsinger Markung. Zuvor hatte es streit um Grenzen und Jagdreviere gegeben.
Nach der ursprünglichen Grundherrschaft derer von Veringen war Pflummern nacheinander in den Besitz verschiedener adliger Geschlechter gekommen. Die später in Biberach ansässigen Herren von Pflummern waren wohl die bekanntesten. Sie alle standen z.T. als Stifter, auf gut nachbarschaftlichem Fuß mit Kloster Heiligkreuztal, das ihm zustehende Rechte ungern in Frage stellen ließ.
1648 übernahm Österreich die Herrschaft von Pflummern, aber der Westfälische Friedensvertrag sprach es ausdrücklich Württemberg mit frostlicher Oberhoheit un Malefizgericht zu. Da jetzt die Herrschaft evangelisch war, galt diese Religionszugehörigkeit auch für die Untertanen nach dem Grundsatz „cuius regio, ejus religio“, d.h., dass der Glaube der Untertanen sich nach dem Herrn zu richten hatte. PFlummern hatte damit eine Sonderstellung als evangelische Diaspora, die weit in das 20. Jhdt. hinein ragte.
Eduard Mörike dichtete als junger Vikar in Pflummern „Er ist’s“ und „Das verlassene Mägdlein“, während er dort 1829 als Pfarrverweser tätig war.

Der Freiherr von Schütz hätte seinen Besitz lieber in die Ebene erweitert, aber das Kloster Heiligkreuztal durchkreuzte diese Absicht, indem es von jedem Gebietszuwachs die ihm zustehenden Abgaben forderte. Schließlich entschloss sich Schütz für eine Neuordnung in Teutschbuch, um diesen Ansprüchen zu entgehen. Auf dem ehemals nordöstlichen Makrungszipfel von Pflummern wurde der Teutschhof angelegt. Neben dem Verwalter- und Wohngebäude entstanden für die Arbeiter und das sonstige Gesinde für Kleinhäuslerwohnungen, dazu alle für den Betrieb nötigen Nebengebäude. Die Anlage umfasste ca. 60 Bewohner.
Allerdings scheint das Gut nicht rentierlich gearbeitet zu haben, denn schon 130 Jahre später wurden die Begäude abgebrochen, nachdem sie der Staat in der Nachfolge von Schütz übernommen hatte und 1822/23 an die Gemeinde Pflummern verkaufte. Diese siedelte dort die Ortsarmen an. Da ohne Aufsicht sich schnell Unbefugte und Heimatlose dort niederließen, und die Angst vor den Oberländer „Jaunern“ groß war, kam das ganze Anwesen zum Abbruch. Mörsignen als katholische Nachbargemeinde bekam die Katholiken zugewiesen, die übrigen Bewohner wurden in Pflummern untergebracht.
Die sprachliche Entwicklung zeigt den Bedeutungswandel: aus dem „Gesinde“ wurde dabei schnell geringschätzig das „Gesindlein“, von da zum „Gesindel“ als unwerte Mitbewohner war es nicht weit.
Der Verkauf der Mörsinger Markung wird für alle Zeiten durch die damals entstandene neue Grenze dokumentiert, die pfeilgerade und linear verlaufende zuerst auf dem Papier entstanden ist in der Klosterkanzlei.

MÖRSINGER Flurnamen